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Nukleare Sicherheit

Kerntechnische Anlagen, Stilllegung, Sicherheit, Störfallmeldestelle, nukleare Unfälle

Nukleare Sicherheit

Abschaltung des Atomkraftwerks Brokdorf

Foto des Atomkraftwerk Brokdorf, aufgenommen von einem Schiff auf der Elbe Das Atomkraftwerk BrokdorfDas Atomkraftwerk Brokdorf Quelle: picture alliance/dpa | Daniel Reinhardt

Kurzüberblick

Das AKW Brokdorf

  • Betreiber: PreussenElektra GmbH
  • Abschalttermin: 31.12.2021
  • Typ: Druckwasserreaktor
  • Beginn Leistungsbetrieb: 1986
  • Erzeugte Strommenge insgesamt: knapp 347 Milliarden Kilowattstunden (Stand: Mai 2020)
  • Aufsichts- und Genehmigungsbehörde: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein

Geografische Lage:

  • Bundesland: Schleswig-Holstein
  • Gemeinde: Brokdorf (Wilstermarsch), Kreis Steinburg (Kreisstadt Itzehoe)
  • Gewässer: Das AKW Brokdorf liegt an der Elbe, aus der das Wasser zur Kühlung des Kondensators kommt

Die wichtigsten Fakten zum Atomkraftwerk Brokdorf

Die Laufzeiten der letzten Atomkraftwerke

  • Direkt nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima wurden alle deutschen Atomkraftwerke, die bis einschließlich 1980 in Betrieb gegangen waren, abgeschaltet.
  • Dies waren: Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Neckarwestheim 1, Unterweser und Philippsburg 1. Das AKW Krümmel war bereits vom Netz.
  • Am 31. Dezember 2021 wurden die Atomkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf abgeschaltet.
  • Zum 15. April 2023 sind die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet worden: Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. Sie sollten am 31. Dezember 2022 heruntergefahren werden. Aufgrund der Energiekrise konnten die drei AKW in einem befristeten Streckbetrieb bis längstens 15. April 2023 weiterlaufen. Der Einsatz neuer Brennelemente war nicht zulässig.

Das Atomkraftwerk Brokdorf ist eines von drei Kraftwerken in Schleswig-Holstein. Am 31.12.2021 ging es endgültig vom Netz. Hintergrund ist die Entscheidung des Deutschen Bundestags vom 30. Juni 2011 zum Ausstieg aus der Atomenergie.

Das AKW Brokdorf ist ein Druckwasserreaktor mit einer elektrischen Nettoleistung von 1.410 MW. Seitdem es im Jahr 1986 seinen kommerziellen Leistungsbetrieb aufgenommen hat, erzeugte es knapp 347 Milliarden Kilowattstunden Strom (1 Mrd. kWh=1 Terawattstunde).

Am Standort befindet sich das Standortzwischenlager Brokdorf für hochradioakive Abfälle. Es nahm am 5. März 2007 mit der Einlagerung des ersten CASTOR-Behälters den Betrieb auf.

Vom Bau bis zum Abriss

Grafik zu den Phasen der Außerbetriebnahme eines Atomkraftwerks Zeitstrahl Abschaltung AKWsTypische Zeiträume vom Baubeginn bis zum Abriss eines Atomkraftwerks Quelle: BASE

Nach der Abschaltung eines Atomkraftwerks schließt sich zunächst eine Nachbetriebsphase an. Diese dauert mehrere Jahre. Erst danach kann die Stilllegungsgenehmigung umgesetzt werden, mit der das Atomkraftwerk endgültig rückgebaut werden kann. Diese Stilllegung selbst dauert erneut zwischen 10 und 20 Jahren. Erst danach kann das Kraftwerk aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen werden.

Die Phasen der Kraftwerksstilllegung

Die Stilllegung kerntechnischer Anlagen erfolgt am Ende der Betriebszeit und durchläuft verschiedene Phasen:

AbschaltungEinklappen / Ausklappen

Die Außerbetriebnahme eines Atomkraftwerks beginnt mit der endgültigen Abschaltung des Reaktors - diese erfolgt in der Regel nach mehreren Jahren des Leistungsbetriebs. Die endgültige Abschaltung unterscheidet sich technisch nicht von einem betriebsbedingten Herunterfahren (z.B. im Rahmen von regelmäßigen Anlagenrevisionen) und wird vom Betreiber selbst vorgenommen.

Nachbetriebsphase und StilllegungEinklappen / Ausklappen

Nach der endgültigen Abschaltung eines Atomkraftwerks folgt die Nachbetriebsphase, die sich bis zur Inanspruchnahme einer Genehmigung für die Stilllegung und den Abbau erstreckt.

In der Nachbetriebsphase werden die Brennelemente aus dem Reaktor entladen und im Abklingbecken innerhalb des Atomkraftwerks gelagert. Erst wenn die Aktivität und damit auch die Wärmeentwicklung im bestrahlten Brennstoff weit genug zurückgegangen ist, können die Brennelemente in Lagerbehälter umgeladen werden. Dann kommen sie ins Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände.

Außerdem können erste Anlagenteile dekontaminiert und eine Art radiologische Inventur der ganzen Anlage gemacht werden, um den Aktivierungs- und Kontaminierungsgrad der Anlage zu bestimmen.

Die Nachbetriebsphase unterliegt noch der Betriebsgenehmigung des Kraftwerks. Erst für die sich anschließende Stilllegung und den Abbau ist eine eigene Genehmigung erforderlich. Das Genehmigungsverfahren schließt insbesondere Aspekte des Strahlenschutzes und mögliche Auswirkungen auf die Umwelt mit ein.

RückbauEinklappen / Ausklappen

Mit der Erteilung der Stilllegungsgenehmigung kann ein Atomkraftwerk in den Rückbau übergehen.

Die Art und Weise des Rückbaus – sprich das konzeptionelle Vorgehen oder die Strategie – ist stark von der Bauart (Einzelblock- oder Mehrblockanlage), dem Typ (SWR, DWR, Prototypreaktor), dem radiologischen Zustand (Aktivierung und Kontamination), einer ggf. geplanten Zwischennutzung (Zwischenlagerung, Abfallkonditionierungsstation) und dem Rückbauziel (Nachnutzung oder vollständiger Rückbau) abhängig. Deshalb ist für jede Anlage eine eigene Stilllegungs- und Abbaugenehmigung erforderlich.

Im kernnahen Bereich und den zugehörigen Anlagenteilen – im sogenannten Primärkreis – werden zunächst Arbeiten zur Dekontamination durchgeführt. Vorhandene Ablagerungen werden bei der Primärkreisdekontamination unter Anwendung eines speziellen Verfahrens entfernt. Dies trägt zur Reduzierung der radiologischen Belastung vor dem Rückbau bei.
Anschließend erfolgt die Demontage der Primärkreiskomponenten, wie beispielsweise Hauptkühlmittelpumpen oder Dampferzeuger. Dazu können zwei Vorgehensweisen zur Anwendung kommen:

  • Ausbau aus Einbaulage und Herausbringen im Ganzen oder in großen Teilen. Anschließendes Zuführen zur Abklinglagerung oder
  • In-Situ-Zerlegung, d.h. kleinteilige Zerlegung der Anlagenteile innerhalb des Reaktorgebäudes

Die wesentliche Komponente des Primärkreises ist der Reaktordruckbehälter (RDB). Hier befanden sich während der Betriebsphase die Brennelemente und dort lief die Kettenreaktion zur Energieerzeugung ab. Nach ihrer Nutzung wurden die Brennelemente aus dem RDB entladen und anschließend kann – sofern die entsprechende Stilllegungs- und Rückbaugenehmigung vorliegt - mit der Zerlegung des RDB und -Einbauten begonnen werden. Für die Zerlegung des Reaktordruckbehälters und der zugehörigen Einbauten werden fernbediente bzw. fernhantierte Zerlege- und Verpackungstechniken genutzt. Zusätzlich werden diese Tätigkeiten in der Regel Unterwasser, d.h. bei Wasserüberdeckung, durchgeführt. Hierbei nutzt man die gute Abschirmwirkung des Wassers und erreicht so eine weitere Reduzierung der vorhandenen Aktivität. Bei der Zerlegung anfallende Materialstücken können dabei weitestgehend im Wasser gebunden und durch vorhandene Filtereinrichtungen abgetrennt und geeignet entsorgt werden.

Die weitere Demontage erfolgt in der Regel „von außen nach innen“, d.h. die Rückbauarbeiten beginnen in reaktorferneren Bereichen und arbeiten sich immer weiter zu den zentralen Bereichen des Kontrollbereiches vor. Nach dieser Entkernung bleiben nur noch die leeren, dekontaminierten Gebäudestrukturen übrig, die dann nach Freigabe konventionell abgerissen werden können.

Der Rückbau und die Freigabe unterliegen der strengen Kontrolle der Aufsichtsbehörde. In Deutschland wurden bisher drei Kernkraftwerke vollständig zurückgebaut.

In den Berichten und Übersichten stellt das BASE regelmäßig Informationen zum Status der kerntechnischen Anlagen in Deutschland bereit.

Was sind meldepflichtige Ereignisse?

Bei meldepflichtigen Ereignissen handelt es sich um Unfälle, Störfälle oder sonstige für die kerntechnische Sicherheit bedeutsame Ereignisse, die in kerntechnischen Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland auftreten. Diese Ereignisse müssen vom Betreiber der Anlage an die jeweils zuständige Landesaufsichtsbehörde gemeldet werden. Grundlage ist die Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV).

Meldepflichtige Ereignisse in Brokdorf

Während der gesamten Betriebslaufzeit gab es im Atomkraftwerk Brokdorf 292 meldepflichtige Ereignisse gemäß AtSMV (Stand Oktober 2021, Daten der Störfallmeldestelle).

In den Monats- und Jahresberichten veröffentlicht die Störfallmeldestelle des BASE Informationen zu allen meldepflichtigen Ereignissen in kerntechnischen Anlagen in Deutschland.

Demonstrationen gegen das AKW Brokdorf

Im Jahr 1981 kam es zur bis dahin größten deutschen Anti-Atomkraft-Demo: Rund 100.000 Menschen versammelten sich am 28. Februar 1981 in Brokdorf und protestieren gegen den Bau des AKW - trotz eines verhängten Demonstrationsverbots. Bereits zuvor war der Protest groß: 1976 war es bei der "Schlacht um Brokdorf", der ersten großen Demonstration mit etwa 30.000 Teilnehmern, zu massiven Ausschreitungen gekommen.

Sehr viele Demonstranten gehen mit Protestbannern in Richtung des AKW Brokdorf, um gegen den Bau zu demonstrieren Demonstration gegen Bau des AKW Brokdorf 1981Demonstration gegen Bau des AKW Brokdorf 1981 Quelle: picture alliance / United Archives/ Roba-Archiv

Stand: 17.12.2021