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Nukleare Sicherheit

Kerntechnische Anlagen, Stilllegung, Sicherheit, Störfallmeldestelle, nukleare Unfälle

Nukleare Sicherheit

Gutachten zu Partitionierung und Transmutation

Mithilfe von Transmutation soll hochradioaktiver Atommüll so aufbereitet werden, dass die Strahlung schneller abnimmt. Doch bislang ist das nur Theorie. Bei intensiver Forschung würden mehrere Jahrzehnte vergehen, bis die Technologie einsatzbereit wäre. Ein Endlager für hochradioaktive Abfälle wäre trotzdem erforderlich, da nur ein Teil des hochradioaktiven Atommülls umwandelbar ist. Die tiefengeologische Entsorgung ist absehbar die bessere Alternative: Zu diesem Schluss kommt ein aktuelles Gutachten, dass das BASE in Auftrag gegeben hat.

Grafische Darstellung der Landkarte Deutschlands mit Symbolen für Atomkraftwerke Gutachten zu Partitionierung und Transmutation Partitionierung und Transmutation erfordern viele kerntechnische Anlagen, die langfristig betrieben werden. Der Wiedereinstieg in ein großangelegtes kerntechnisches Programm wäre nötig. Quelle: BASE

Das BASE hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu prüfen, ob Konzepte der Transmutation in der Praxis umsetzbar sind. Dies sind die zusammengefassten Ergebnisse:

  • Konzepte zu Partitionierung und Transmutation werden international diskutiert und teilweise erforscht. In der Theorie sind einige dieser Technologien in der Lage, bestimmte Radionuklide umzuwandeln und die Strahlungsintensität von Atommüll zu verringern.

  • Für die Umwandlung von langlebigen in kurzlebige Atomkerne ist die Entwicklung neuer Reaktoren und Wiederaufarbeitungsanlagen notwendig. Bislang gibt es hierfür nur Konzeptideen. Es würden voraussichtlich mehrere Jahrzehnte Entwicklungsarbeit notwendig sein, bis die erforderlichen Technologien zur Verfügung stehen. Für den Fall einer erfolgreichen Entwicklung, würden weitere Jahrzehnte zur Umsetzung des Programms folgen.

  • Partitionierung und Transmutation erfordern viele kerntechnische Anlagen, die langfristig betrieben werden. Der Wiedereinstieg in ein großangelegtes kerntechnisches Programm wäre nötig.

  • Transmutation kann ein Endlager für hochradioaktive Abfälle nicht ersetzen. Nicht alle hochradioktiven Abfallstoffe werden voraussichtlich umwandelbar sein, außerdem entstehen während des P&T-Verfahrens wieder neue Abfälle. Der Zeitpunkt, an dem ein Endlager fertig beladen ist, würde damit erheblich in die Zukunft verschoben. Die heutigen Probleme würden somit zukünftigen Generationen aufgebürdet.

  • Aus abgetrennten Stoffe wie Plutonium können Atomwaffen hergestellt werden. Es besteht das Risiko, dass diese entwendet und für nicht-friedliche Zwecke benutzt werden.

Bezogen auf die in Deutschland vorhandenen hochradioaktiven Abfälle, hat eine Modellrechnung im Gutachten folgendes ergeben:

  • Es wird in jedem Fall ein Endlager für hochradioaktive Abfälle benötigt. Nicht transmutierbar sind: Verglaste Abfälle, Abfälle aus Forschungsreaktoren sowie Uran und Spaltprodukte, die sich in den verbleibenden Brennelementen befinden.

  • Selbst im besten Fall würden von den verbleibenden 150 Tonnen Transuranen nach 300 Jahren noch etwa 30 Tonnen Transurane übrig bleiben. Bei der Kernspaltung der Transurane werden neue Spaltprodukte erzeugt. Einige dieser entstehenden Spaltprodukte haben extrem hohe Halbwertszeiten (Jod-129: 15,7 Millionen Jahre und Cäsium-135: 2,3 Millionen Jahre) und sind für die Langzeitsicherheit des Endlagers von großer Bedeutung.

  • Durch den Betrieb, die Stilllegung und den Rückbau der erforderlichen Kern-Reaktoren, Wiederaufarbeitungsanlagen und ggf. Brennelementefabriken würden erhebliche Mengen an zusätzlichen schwach- und mittelradioaktiven Abfällen entstehen. Diese können durchaus in der gleichen Größenordnung wie die für das Endlager Schacht Konrad vorgesehenen Mengen zur Einlagerung (303.000 Kubikmeter) liegen.

Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass durch Partitionierung und Transmutation für die beiden im Standortauswahlgesetz genannten Ziele – Gewährleistung eines bestmöglichen Schutz von Mensch und Umwelt vor der Wirkung ionisierender Strahlung sowie das Vermeiden von unzumutbaren Lasten für zukünftige Generationen – negativ zu bewerten sind.

Fragen und Antworten zum Verfahren "Partitionierung und Transmutation":

Kann Partitionierung und Transmutation ein Endlager für hochradioaktive Abfälle überflüssig machen?Einklappen / Ausklappen

Um ein Endlager für hochradioaktive Abfälle überflüssig zu machen, wäre es notwendig, alle in den Rückständen befindlichen langlebigen Atomkerne (dies sind z.B. Plutonium-239 und Neptunium-237) in kurzlebige oder stabile Atomkerne umzuwandeln bzw. zu transmutieren. Ein solches Verfahren gibt es derzeit nicht.

Selbst wenn ein solches Verfahren entwickelt werden würde, ist gegenwärtig nicht absehbar, bis zu welchem Grad die Transmutation mit einem vertretbaren Aufwand durchgeführt werden könnte. Der Grund ist, dass sich nicht alle langlebigen Atomkerne auf einmal umwandeln lassen: Aus den hochradioaktiven Abfällen müssten zunächst frische Brennelemente gefertigt werden. Die frischen Brennelemente würden in sogenannten Transmutationsreaktoren eingesetzt und dort bestrahlt.

Transmutation würde rund 150 Jahre dauern

Bei diesem Vorgang würde allerdings nur ein Teil der langlebigen Atomkerne umgewandelt. Das bedeutet, aus den anfallenden Abfallstoffen müssten anschließend wieder langlebige Atomkerne herausgetrennt (Partitionierung), zu frischen Brennelementen verarbeitet und in Transmutationsreaktoren erneut bestrahlt werden. Dieser Vorgang müsste viele Male wiederholt werden und schließt jeweils auch eine Zwischenlagerung der Abfälle ein.

Bei der Analyse der Entsorgungsoption Transmutation hatte die „Kommission zur Lagerung der hochradioaktiven Abfälle“ geschätzt, dass eine Reihe von Transmutationsreaktoren über einen Zeitraum von rund 150 Jahren betrieben werden müssten.

Große Mengen schwach- und mittelradioaktive Abfälle entstehen

Doch auch dieser Prozess führt voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Umwandlung der langlebigen Atomkerne. Es müssten weiterhin eine verbleibende Menge hochradioaktiver Abfälle sowie große Mengen von durch Partitionierung und Transmutation zusätzlich erzeugten schwach- und mittelradioaktive Abfälle entsorgt werden.

Zudem beinhalten die hochradioaktiven Abfälle sogenannte Spaltprodukte. Diese sind teilweise hochradioaktiv und zum Teil sehr langlebig ( z.B. Selen-79, Zirconium-93, Technetium-99, Palladium-107, Iod-129 und Cäsium-135). Bislang existiert auch für diese Spaltprodukte kein industriereifes Verfahren, um die Atomkerne umzuwandeln, d.h. diese Rückstände müssten ebenfalls in einem Endlager entsorgt werden.

Keine Behandlung von verglasten Abfällen möglich

Hinzu kommt, dass ein Teil der in Deutschland produzierten atomaren Abfälle nicht mehr in Form der ursprünglich verwendeten Brennelemente vorliegt, sondern im Zuge der Brennstoff-Wiederaufbereitung mit Glas verschmolzen werde (sog. Verglasung). Die Verglasung dieser Abfälle würde ein erhebliches Hindernis für die Aufbereitung und Brennstoffherstellung bedeuten, die für eine Transmutation Voraussetzung ist. Nach der heutigen Kenntnislage ist die Transmutation für eine weitere Behandlung dieser Abfälle kein geeignetes Verfahren.

Der für Partitionierung und Transmutation notwendige Transport von nuklearen Abfällen und die kontinuierliche Verarbeitung der Abfälle, gehen zudem mit zusätzlichen Risiken für Mensch und Umwelt einher. Es ist derzeit nicht erkennbar, dass in absehbarer Zeit ein Verfahren zur Partitionierung und Transmutation zur Verfügung stehen wird, das ein Endlager überflüssig macht.

Einzige Lösung: tiefengeologische Lagerung

Nach der Abwägung von Chancen und Risiken haben Endlagerkommission und Gesetzgeber die Entscheidung getroffen, dass die Strategie zur Partitionierung und Transmutation in Deutschland nicht aktiv verfolgt wird. Stattdessen werden alle radioaktiven Abfälle tiefengeologisch gelagert.

Das gegenwärtige Endlagerkonzept sieht vor, dass die hochradioaktiven Abfälle bis zum Verschluss des Endlagers zurückgeholt werden können. Darüber hinaus sollen die Rückstände noch 500 Jahre nach Verschluss des Endlagers lang geborgen werden können. Dies gibt den folgenden Generationen die Möglichkeit, auf künftige technische Entwicklungen reagieren zu können.

Wird ein Endlager durch Partitionierung und Transmutation kleiner?Einklappen / Ausklappen

Partitionierung und Transmutation sind im hier angesprochenen Maße bislang nicht einsatzfähig. Es ist unklar, ob dies in Zukunft der Fall sein wird. Die nachfolgenden Darstellungen konzentrieren sich daher auf die grundsätzlich denkbaren Auswirkungen auf die Endlagerung, die theoretisch mit der Partitionierung und Transmutation verbunden sein können.

Die erforderliche Größe des Endlagers wird in erster Linie nicht durch das Gesamtvolumen der Abfallstoffe bestimmt, sondern durch das Endlagerkonzept und die Wärmeentwicklung der Abfälle zum Zeitpunkt der Einlagerung. Vor diesem Hintergrund führt die Anwendung von Partitionierung und Transmutation nicht automatisch zu einer Verringerung der Endlagergröße.

Partitionierung und Transmutation könnte zu größerem Endlager führen

Unter Umständen könnte die Anwendung von Partitionierung und Transmutation sogar dazu führen, dass das Endlager noch vergrößert werden müsste. Der Grund ist, dass das theoretische Verfahren zumeist darauf abzielt, langlebige Atomkerne in schnell zerfallende Spaltprodukte zu überführen.

Ein schnellerer Zerfall geht allerdings mit einer höheren Wärmefreisetzung einher. Da die Wirtsgesteine und die Verfüll- und Versiegelungsmaterialien jeweils nur über eine begrenzte Wärmeverträglichkeit verfügen, könnte das dazu führen, dass das Endlager vergrößert werden müsste, um eine Schädigung des Wirtsgesteins zu verhindern.

Neue schwach- und mittelradioaktive Abfälle würden entstehen

Weiterhin würden bei der Durchführung von Partitionierung und Transmutation zusätzliche schwach- und mittelradioaktive Abfälle aufgrund von Kontaminationen und Aktivierungen erzeugt. Diese müssten zusätzlich in einem entsprechenden Endlager entsorgt werden, dessen Abfallmengen dadurch erhöht würden.

Alternativ dazu könnten die durch Transmutation erzeugten Spaltprodukte zwischengelagert werden, voraussichtlich mehrere hundert Jahre, bis sie in das Endlager verbracht werden oder gar aus der atomrechtlichen Aufsicht entlassen werden können. In diesem Szenario könnten Partitionierung und Transmutation zu einer Reduktion der erforderlichen Endlagergröße beitragen, zum Preis zusätzlicher langfristiger Zwischenlagerung, die über Generationen hinweg gesichert werden müsste.

Zwischenlager sind keine Dauerlösung

Allerdings können solche Lager nur eine Zwischenlösung sein, denn Mauern, Sicherheitskräfte und Stacheldraht gewährleisten auf lange Sicht nicht den Schutz, den ein Endlager in stabilen Gesteinsschichten tief unter der Erde bietet. Zudem kann niemand voraussagen, ob künftige Generationen in ähnlich stabilen gesellschaftlichen Verhältnissen leben werden, um eine sicher langfristige Zwischenlagerung der Abfälle gewährleisten zu können bzw. über die finanziellen Mittel verfügen, die Abfälle sicher zu entsorgen.

Warum wird Partitionierung und Transmutation in Deutschland nicht aktiv gefördert?Einklappen / Ausklappen

Illustration verschiedener Prozesse Icon: ProzesseQuelle: pixabay

Die Frage, ob ein großtechnischer Einsatz von Partitionierung und Transmutation zukünftig möglich wäre, ist derzeit offen. Die Beantwortung der Frage würde jahrzehntelange Forschungs- und Entwicklungsarbeit voraussetzen und wäre mit hohen Kosten verbunden.

Gleichbedeutend mit einem Wiedereinstieg in die Nuklearindustrie

Die aktive Förderung und Technologieentwicklung in diesem Bereich mit dem Ziel der Anwendung von Partitionierung und Transmutation auf die radioaktiven Abfälle in Deutschland würde vor diesem Hintergrund eine Verschiebung der Verantwortlichkeit bedeuten: Ein jahrzehntelanger aktiver Umgang mit hochradioaktiven Stoffen steht dem im Standortauswahlgesetz formuliertem Anspruch entgegen, die Lasten und Verpflichtungen für zukünftige Generationen so gering wie möglich zu halten.

Der spätere hypothetische Einsatz von Partitionierung und Transmutation würde zudem den Betrieb großer kerntechnischer Anlagen und Reaktoren nötig machen und wäre mit einem Wiedereinstieg in die Nuklearindustrie verbunden – mit den damit verbundenen radioaktiven Emissionen, Strahlenbelastungen und Störfallrisiken. Ein Betrieb solcher Anlagen wäre mit dem gesetzlichen Ausstiegbeschluss nicht vereinbar.

BASE beobachtet die internationale Forschung

Dennoch beobachtet das BASE entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag die Entwicklung potentieller alternativer Entsorgungsmöglichkeiten sowie die internationale Forschung zu derartigen Konzepten. Hierzu gehört auch die Partitionierung und Transmutation. Falls sich hieraus neue Erkenntnisse für eine sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle ergeben, die signifikante Vorteile gegenüber der tiefengeologischen Endlagerung aufzeigen, wären die vorgesehenen Entsorgungspfade neu zu bewerten.

Stand: 10.03.2021