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BASE-Fachstellungnahme: Kernenergie ist nicht „grün“

Aus Sicht des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) sprechen zahlreiche Gründe dagegen, Kernenergie als nachhaltig zu klassifizieren. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Fachstellungnahme, welche am 9. November 2021 in einer hybriden Veranstaltung mit rund 80 Teilnehmenden in Brüssel öffentlich vorgestellt wurde. Das BASE hat die Fachstellungnahme in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) im Auftrag des deutschen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit erstellt.

Debatte zur Taxonomie

Gregor Schusterschitz, Botschafter an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU neben Christoph Hamann, Pressesprecher des BASE base-taxonomie-bruessel-botschaft-oesterreichBegrüßung durch Gregor Schusterschitz, Botschafter an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU Quelle: BASE

Ein Gutachten des Joint Research Centres (JRC) der EU vom März 2021 hatte der Kernenergie Nachhaltigkeit bescheinigt. Denn: Die EU Kommission arbeitet derzeit an der sogenannten Taxonomie, welche eine Reihe von Wirtschaftsaktivitäten als nachhaltig einstufen wird, die damit besonders interessant für Finanzinvestitionen werden. Bei ihrer Entscheidung stützt sich die EU Kommission bezüglich der Kernenergie derzeit auf das JRC-Gutachten. Hierzu wird aktuell auf europäischer und internationaler Ebene intensiv diskutiert. Das BASE hat mit Unterstützung des BfS das JRC-Gutachten bereits im Juni 2021 vertieft geprüft, aus fachlicher Sicht ausgewertet und einen 200 Seiten starken Bericht dazu vorgelegt. Das BASE kommt in seiner Fachstellungnahme zu dem Schluss, dass das JRC-Gutachten unvollständig ist, die Risiken der Kernenergie und radioaktiver Abfälle unterschätzt und an entscheidenden Stellen Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens nicht berücksichtigt.

Präsentation in Brüssel

 Jochen Ahlswede, Leiter der BASE-Abteilung Forschung/Internationales neben Christoph Hamann, Moderator und BASE-Pressesprecher base-taxonomie-bruessel-ahlswede Jochen Ahlswede, Leiter der BASE-Abteilung Forschung/Internationales neben Christoph Hamann, Pressesprecher des BASE. Quelle: BASE

Die Ergebnisse der BASE-Fachstellungnahme hat Jochen Ahlswede, Leiter der Abteilung Forschung und Internationales des BASE, nun in Brüssel vorgestellt. Gemeinsam mit Jochen Ahlswede haben Dr. Simone Lünenbürger und Dr. Korbinian Reiter von der Sozietät Redeker Sellner Dahs ihr Rechtsgutachten zu dem JRC-Gutachten präsentiert, welches sie im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erarbeitet hatten. Nach der Vorstellung der Fachstellungnahme und des Rechtsgutachtens fand unter den Teilnehmenden eine Diskussion zum Thema statt.

Standpunkte des BASE-Gutachtens

Das BASE weist in seinem Gutachten im Wesentlichen auf folgende Punkte hinsichtlich der Atomkraft und deren Bewertung durch das JRC-Gutachten hin:

 Dr. Korbinian Reiter neben Dr. Simone Lünenbürger von der Sozietät Redeker Sellner Dahs base-taxonomie-bruessel-redeker-sellner-dahs Dr. Korbinian Reiter neben Dr. Simone Lünenbürger von der Sozietät Redeker Sellner Dahs Quelle: BASE

  • Beim Betrieb von Atomkraftwerken verbleibt immer ein Restrisiko, das sich historisch schon mehrfach in katastrophaler Hinsicht realisiert hat. In Fukushima oder Tschernobyl zeigt sich noch heute, wie nicht nur die damalige Bevölkerung, sondern auch die nachfolgenden Generationen von den Folgen betroffen sind. Das JRC dagegen argumentiert lediglich, dass Atomkraftwerke sicher seien, wenn sie im Regelbetrieb laufen. Damit greift die Analyse des JRCzu kurz.
  • Die Urangewinnung geht mit erheblichen Umweltrisiken einher. Da die meisten Uranminen außerhalb der EU liegen, kann den Risiken auch nicht durch EU Regulierung begegnet werden. Dies wird vom JRC weitgehend ignoriert.
  • Atomenergie produziert Abfall, der heutige und praktisch alle zukünftigen Generationen belastet. Es gibt weltweit kein in Betrieb befindliches Endlager. Und auch wenn es eines gäbe, bleibt die Frage der Risiken zukünftiger Generationen immer eine, welche man aus heutiger Sicht lediglich mit Prognosen beantworten kann. Die Analyse des JRC greift zu kurz, wenn es die These aufstellt, dass die Endlagerung und die Langzeitsicherheit für 1 Million Jahre technisch gelöst seien.
  • Atomenergie ist eine sog Dual-use Technologie, kann also immer zivil und militärisch verwendet werden. Beispiel: Auch Plutonium aus Kernkraftwerken kann prinzipiell für militärische Zwecke verwendet werden. Diese Sachverhalte werden vom JRC weitgehend ausgeblendet.

Das BASE-Fazit lautet: Der JRC-Bericht betrachtet die Folgen und Risiken der Kernenergienutzung für Mensch und Umwelt sowie für nachfolgende Generationen nur unvollständig oder spart diese in seiner Bewertung aus. Soweit er sie behandelt, werden die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens zum Teil nicht korrekt berücksichtigt. Der JRC-Bericht liefert somit einen unvollständigen Beitrag, mit dem die Nachhaltigkeit der Kernenergienutzung nicht umfassend bewertet werden kann.

Stand: 10.11.2021

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